Gastvortrag von Prof. Paul M. Zulehner

Mehr als 100 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer fanden sich im KHG Zentrum in Eichstätt ein, um dem Gastvortrag von Prof. Paul M. Zulehner zu folgen.


Der Abend stand unter dem Titel seines vorletzten Buches: „Auslaufmodell – Wohin steuert Papst Franziskus die Kirche?“.  Die Organisatoren, KHG, Kolping-Erwachsenen-Bildungswerk und die Katholische Erwachsenenbildung (KEB) hatten die Frage ergänzt „Wohin steuern wir?“

„Auslaufmodell“, das sei natürlich bewusst provokant gewählt – und doch ginge es nicht um Resignation, sondern vielmehr um Perspektiven und Optionen für eine dynamische und lebendige Kirche. Das machte Prof. Zulehner gleich zu Beginn des Abends klar: Für ihn sei die Kirche im Begriff, aus einem sicheren Hafen auszulaufen. Er ging der Frage nach, wohin Papst Franziskus die Kirche denn lenke. In diesem Zusammenhang sprach er auch über die Umweltenzyklika „Laudato si“ und über das nachsynodale Schreiben „Amoris Laetitia“.

Ausführlich widmete er sich dem Flüchtlingsthema und wies auf das diesbezügliche Engagement des Papstes hin. Die große Wanderung von Schutzsuchenden, die vor Krieg und Verfolgung aus Syrien, Afghanistan und dem Irak flüchten, lösten bei den Menschen starke Gefühle aus, so sei zwischen Ärger, Sorge aber auch Zuversicht alles dabei. Europa sei ein Kontinent der Angst geworden, zitierte Zulehner den französischen Politologen Dominique Moisi und ermunterte doch dazu irrationale Angst in rationale Furcht umzuwandeln, denn „Bauchangst lähmt, die Verstandesfurcht macht handeln“.

Eugenio Scalfari, Chefredakteur von La Republica in Mailand, meinte nach einem Interview mit Papst Franziskus 2013: „Wenn die Kirche so werden wird, wie er sie denkt und will, wird sich eine Epoche ändern.“

Dieses Zitat war offensichtlich auch für viele Wortmeldungen aus dem Publikum Grundlage: Die Diskussion zeigte, dass sich die Menschen von ihren Priestern tatsächlich Seelsorge erwarten und sie sich eine lebendige und gemeinschaftliche Gemeinde wünschen. Jedoch herrschten mitunter beidseitige Sprachlosigkeit und gefühltes Desinteresse vor; Priester seien oft mit Managementaufgaben beschäftigt und die Motivation bliebe auch aufgrund von Strukturdebatten auf der Strecke.

Es kam auch die Frage auf, inwieweit das Pontifikat von Papst Franziskus lediglich ein „Zwischenspiel“ sei, ob es ihm gelingen kann, „Verbündete“ zu finden und zu etablieren. Hier zeigte sich, dass sowohl der Referent als auch die Fragenden aus dem Publikum sehr vorsichtig und abwartend argumentierten. So seien die Erwartungen an den Papst in Reformkreisen so groß wie die Befürchtungen der um die Tradition Besorgten, gab der Referent zu bedenken.

Abschließend fügte der Referent auch gerade in Hinsicht auf einen katholischen Sozialverband wie Kolping hinzu, dass es für die Lebendigkeit kirchlicher Gemeinschaften entscheidend sei, visionär zu sein – und die Frage, wie entschlossen sie seien, sich dieser Vision auch anzuschließen. Die Vorsitzende des Kolpingwerks, Eva Ehard,  ging in ihren Schlussworten darauf ein: Durch die Mitgliedschaft bei Kolping hätten viele Kolpingbrüder und Kolpingschwestern diese Frage für sich schon eindeutig positiv beantwortet, zudem verfüge Kolping über Inhalte, Visionen und Ressourcen. In Zukunft werde es aber auch darum gehen, diese – gerade auch in Kooperationen –, noch deutlicher zu vermitteln.

 

04.05.2016