Frühjahrsempfang der Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt

Politik-Experte Bierling spricht über Ukrainekrieg. Spende an das Kolping-Bildungswerk und das Collegium Orientale Eichstätt.

Zum ersten Mal nach vier Jahren hat die Sparkasse Ingolstadt-Eichstätt wieder zu einem Frühjahrsempfang geladen. Bei aller Fröhlichkeit und Gelassenheit, bei allen positiven Nachrichten über die Geschäftsentwicklung des Kreditinstituts dominierte am Ende doch ein Thema: der Krieg in der Ukraine. Nicht zuletzt des Redners wegen.

Die Sparkasse hatte sich den Regensburger Politik-Experten Stephan Bierling geholt. Der 60-Jährige fesselte die Zuhörer fast eine Stunde lang mit einer bestechend klaren Analyse des russischen Überfalls auf die Ukraine, zeichnete die Folgen für die westliche Welt und gab auch Prognosen zum Ausgang des Konflikts. Die jedoch alles andere als erheiternd waren. Aber noch bevor Bierling auf die Bühne im nahezu voll besetzten Festsaal des Alten Stadttheaters in Eichstätt stieg, blickte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Reinhard Dirr noch einmal auf die Jahresbilanz 2022, die von der Rekordbilanzsumme von rund sieben Milliarden Euro geprägt war. Aber auch schon von den dunklen Wolken einer steigenden Inflation. Dennoch: „Wir waren mit dem Gesamtergebnis zufrieden“, sagte Dirr in Vertretung des erkrankten Vorstandsvorsitzenden Jürgen Wittmann. Und Dirr dankte dabei besonders den Mitarbeitern, denn das alles sei „eine herausragende Mannschaftsleistung“.

Der Vorstand rechnete vor, dass die „vielzitierte Bürgerdividende“ – eine Summe aus Gewerbesteuern, Spenden und Sponsoring – pro Kopf im Geschäftsgebiet 40 Euro betrage. „Wir schaffen so einen monetären Mehrwert für die Menschen in der Region.“ Und man bleibe auch in unsicheren Zeiten ein „verlässlicher Partner“, betonte Dirr. Womit er letztlich zum Thema des Abends überleitete – in der Tradition der Empfänge der Sparkasse Eichstätt. Dass einst schon einmal der inzwischen gestorbene Ex-Staatschef der Sowejtunion, Michael Gorbatschow, bei so einem Empfang anlässlich des 170-jährigen Bestehens der Sparkasse zu Gast war, war an diesem Abend kein Thema. Der heutige russische Präsident im Referat des Abends aber sehr wohl.

Der Regensburger Politologe Stephan Bierling ging mit der Analyse des russischen Überfalls auf die Ukraine hart ins Gericht. Aber auch mit dem Westen, der durch politisches Handeln in den vergangenen Jahren Russland nicht die kalte Schulter gezeigt hatte. Altkanzler Gerhard Schröder bezeichnete Bierling als „Einflussagent Russlands“ und mahnte, auch mit Blick auf China: „Wir waren besoffen von dem Gedanken, dass Handel Wandel herbeiführt.“ Dem sei aber nicht so. Einen entscheidenden Unterschied arbeitete Bierling in Bezug auf die Krim-Krise 2014 heraus: „Heute stehen wir im Westen zusammen.“ Die Politik habe gemerkt, es gehe „um alles“.

Russland wiederum werde zunehmend geschwächt, zeigte sich Bierling überzeugt. Er rechnete vor, dass der Staat in den kommenden 20 Jahren bis zu 30 Prozent seiner Bevölkerung verlieren könnte, die Wirtschaft in der ehemaligen Sowjetunion sich abschwäche und der Westen umgekehrt stärker werde. Und gerade deswegen: „Für die Diktatoren der Welt wird es nicht so leicht, uns auf den Kehrichthaufen der Geschichte zu schicken.“

Der russische Krieg gegen die Ukraine, der Bierlings Ansicht nach dem Erhalt des Nationalimperiums als Nachfolgestaat der Sowejtunion dienen soll, wird nicht durch einen baldigen Waffenstillstand enden, sagte der Politik-Experte voraus. „Dieser Krieg wird nur enden, wenn Putin tot ist.“ Putin wisse, dass sein Vermächtnis an diesem Krieg hängt. Und Bierling fügte an: „Jeder Schurke, der danach in den Kremel einzieht, hat zumindest die Möglichkeit, sich zu distanzieren.“ Er sagte einen längeren Krieg voraus, habe seine Haltung dazu aber gegenüber dem vergangenen Jahr korrigiert. Denn unmittelbar nach dem Überfall Russlands sei er selbst von einem kurzen Krieg ausgegangen, in dem Putin siegt. Heute handle es sich um einen „Kampf des Willens: Wer ist fähig, länger durchzuhalten?“

Text und Bild: Marco Schneider, Eichstätter Kurier

26.04.2023

Mit jeweils 2.000 € wurden das Kolping-Bildungswerk und das Collegium Orientale in ihrer Arbeit durch die Sparkasse unterstützt.