Kochkurs des Integrationskurses Roth
Das Fremdwort Integration, erst recht die Abkürzung IK, unterstreicht das Abstrakt-Technische einer Sache, die doch vorwiegend mit Menschen und ihren Beziehungen zueinander zu tun hat.All das klingt schwierig, man denkt vielleicht an Integralrechnungen in der Schule und auch medial wird Integration entsprechend oft als großes Problem dargestellt. Dabei wäre es so einfach: das lateinische Verb integrare bedeutet aufnehmen – also in eine Gemeinschaft, sofern es denn eine solche gibt.
Vielleicht liegt hier der Schlüssel zur Lösung des Problems. Das zeigt auch die Erfahrung, dass so etwas eher in ländlichen oder kleinstädtischen Umgebungen gelingt, als in den Großstädten mit ihrer ausgeprägten Ellbogengesellschaftskultur.
Gute Voraussetzungen also für das Kolping-Bildungswerk Eichstätt mit seinen Außenstellen in Weißenburg und Roth.
Wie gerne unsere neuen Mitbürger*innen aus aller Welt bei uns aufgenommen werden, zeigen die Bilder vom Kochkurs des IK 118 in Roth. Der als Exkursion unternommene Ausflug aus dem Klassenzimmer führte diesmal nur wenige hundert Meter weit in die gut eingerichtete Lehrküche des Kolping-Bildungswerks im Zentrum von Roth. Wenige Schritte vom Marktplatz entfernt liegt das unauffällige Gebäude in einer Seitengasse. Die meiste Zeit des Jahres schlummert es dort seinen Dornröschenschlaf, die Passanten gehen genauso achtlos vorbei wie inzwischen auch an der kürzlich für immer geschlossenen Traditionsbäckerei gegenüber.
Für einen Tag zog neues Leben in das Haus ein. 24 Teilnehmende aus acht verschiedenen Ländern/vier Kontinenten legten an vier Herden gleichzeitig los. Mit ihrem Lehrer Herrn Knöfel wurde zuvor besprochen, was gekocht werden sollte. Das Thema Essen, Essgewohnheiten, dazugehörige Bräuche und Rezepte bildet im Kurs eine wichtige Einheit. So war alles vorbereitet, ein Menüplan erstellt, die Zutaten mitgebracht. Zwei ausgebildete Köche und mehrere passionierte Hobbyköchinnen gaben den Ton an, die Ungeübteren gingen ihnen zur Hand. Jeder hatte seine Aufgabe. Die Jüngeren lernten von den Älteren, und alles ging mit etwas Musik noch schneller und leichter von der Hand.
In kürzester Zeit kamen die Traditionen der Welt des Kochens zu einem stimmigen und schmackhaften Menü zusammen: Afrikanisches Fladenbrot aus Tansania, Ischli-Köfte aus Diyarbakir, Chesadillas aus Venezuela, Hauptgerichte mit gebratenen Hühnern auf Reis aus Syrien, Nachspeisen aus der Ukraine – aus den geöffneten Fenstern strömten ungewohnte Düfte auf die Gasse, die Musik und die fröhlichen Menschen im Inneren taten ihr Übriges, um die Anwohner neugierig zu machen. Lange dauerte es nicht, bis die Ersten die Schwelle der geöffneten Tür überschritten und sich im wahrsten Sinne des Wortes integrierten. Sogar zum Essen ließen sie sich nieder, tauschten am Ende mit einigen Teilnehmer*innen Telefonnummern aus.
Ja, die Macht des Essens wischt die Grenzen zwischen den Menschen fort wie Ozeanwellen gezeichnete Linien im Sand. Integration muss nicht immer wie eine schwer zu lösende Rechnung klingen.
Vielleicht sollte man lieber wieder mehr Latein als Mathe lernen. Bei Tacitus wird integro im Sinne von wieder einrenken gebraucht, bei Cicero im Sinne von geistig auffrischen, bei Lukrez als erneuern und auch ansonsten stets im Sinne von neu beginnen und wieder aufnehmen. Was hätte unsere Gesellschaft dringender nötig als all diese Dinge.