„Würde bis zum Schluss – Sterbehilfe im Film“

Studientag des Kolping-Erwachsenen-Bildungswerks und des Diözesanbildungswerks Bereich Medien in der Kolping-Akademie Ingolstadt
links: DV Eva Ehard, rechts: Dr. Martin Ostermann

Das Sterben, so scheint es, ist eines der letzten großen Tabuthemen unserer Gesellschaft. Die Erfahrungen mit Krankheit, der Patientenwunsch nach Sterbehilfe, der Umgang mit Sterben und dem Tod in unserer Gesellschaft werfen ethische und theologische Fragen auf. Viele Filme haben sich mit diesen Themen beschäftigt: „Das Meer in mir“ des Regisseurs Alejandro Amenábar ist einer davon und diente der Veranstaltung als Diskussionsgrundlage inwiefern Sterbehilfe und die damit verbundenen Fragen „Was macht ein Leben lebenswert? Warum hat nicht jeder Einzelne das Recht über seinen Tod zu entscheiden?“ – und: Wie geht man mit der unterschiedlichen Wahrnehmung und Einschätzung einer scheinbar ausweglosen, weil unheilbaren Krankheit, um? Kann man als Außenstehender beurteilen, wie es dem einzelnen kranken oder behinderten Menschen wirklich geht? Gibt es neben dem Recht zu leben auch eine Pflicht zu leben?“

Um diese Fragen drehte sich die Diskussion, an der neben Dr. Martin Ostermann, Mitglied der Katholischen Filmkommission und Lehrbeauftragter an der KU Eichstätt, Dr. Michael Ried, Leitender Oberarzt der Palliativstation des Klinikum Ingolstadt und Rainer Teufel, u.a. Gesundheits- und Pflegepädagoge der Hospizakademie Gemeinnützige Gesellschaft für soziale Dienste, teilnahmen. Der Moderator der Runde, Bernhard Löhlein, fragte zunächst nach den Empfindungen während des Films bevor die Teilnehmer mit dem Publikum die ganz allgemeinen Themen diskutierten. Interessant war die Beobachtung der Vertreter der Palliativ- und Hospizbewegung, dass viele Patienten unbedingt leben wollten, selbst wenn sie starke Schmerzen auszuhalten haben. In diesem Zusammenhang wurden auch prominente Fälle geschildert, so habe Walter Jens lange Sterbehilfe befürwortet, bevor er am Ende seines Lebens diese nicht in Anspruch nehmen wollte. Der Regisseur Christoph Schlingensief dokumentierte seine Lungenkrebserkrankung und sagte: „Ich will mein Sterben aushalten.“ Hierzu wurde nachgedacht, was Patientenverfügungen tatsächlich leisten können, sind sie doch in der Regel zu einem Zeitpunkt verfasst worden, als man sich mit dem Thema Krankheit/Sterben/Tod nur theoretisch auseinandersetzen musste.

Eine niederländische Umfrage ergab folgende Gründe, warum Menschen um Sterbehilfe bitten: Das Alter, eine Krankheit / Behinderung und die Angst, anderen zur Last zu fallen.

Viele Patienten seien dankbar, wenn körperliche Symptome gelindert werden und das psycho-soziale Umfeld gestärkt wird, dies kann eine Perspektive sein, so Dr. Ried.

In diesem Zusammenhang wurde auch die Rolle der Angehörigen aufgezeigt. Diese seien oft überfordert und bekämen längst nicht die Anerkennung, die sie benötigten.

Letztendlich steht man vor der Frage, wie konsequent der Lebensschutz eingefordert und verteidigt wird. Wie sehr kann man das individuelle Autonomieverständnis abwägen gegen den christlichen Gedanken, dass kein Mensch für sich allein lebt und Gott Herr über Leben und Tod ist. Der christliche Glaube nimmt die Frage nach der Zukunft des Menschen auf und lädt zur Auferstehungshoffnung ein.

Sich das Leben nehmen – im Sinne von packen, zugreifen und bejahen, sei machbar, wenn wir es schaffen die Angst vor einem qualvollen und einsamen Sterben zu nehmen, beispielsweise eben durch die Palliativ- und Hospizbewegung.

Die Diskussionsteilnehmer, darunter Dr. Ludwig Brandl, Verantwortlicher der Erwachsenbildung im Bistum Eichstätt und Richard Baumeister aus der Hauptabteilung Religionsunterricht/Schulen/Hochschulen, waren sich am Ende in einem Punkt einig: Veranstaltungen wie diese zeigten, dass sich in den letzten Jahren viel getan hat bezüglich einer Sensibilisierung für den Umgang mit dieser Thematik. Es sei jedoch wünschenswert, wenn auch junge Menschen beispielsweise im Religionsunterricht, mit diesen Fragestellungen konfrontiert würden.

Die beiden Kooperationspartner Dr. Thomas Henke (Medienzentrale) und Eva Ehard (Kolping Diözesanvorsitzende) freuten sich, dass die Veranstaltung eine so rege Diskussion mit sich brachte.

Am 29. Januar 2014 wird sich das Kolping- Erwachsenen-Bildungswerk erneut mit dem Thema „Sterben“ auseinandersetzen. Dann wird die ZDF-Moderatorin Susanne Conrad mit ihrem Buch „Sterben für Anfänger“ zu Gast in Eichstätt sein.

05.11.2013